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Neue Praxis beim Vertrieb von Gutscheinkarten: FINMA präzisiert Unterstellungspflicht

17. November 2025

Dr. Thomas Nagel

Die FINMA hat ihre Auslegungspraxis zum Vertrieb von Gutscheinkarten überarbeitet. Während die GwG-Unterstellung der Herausgeber von Gutscheinen bereits seit Jahren durch das FINMA-Rundschreiben 2011/1 geklärt ist, betrifft die nun erfolgte Präzisierung insbesondere die Verkäufer bzw. Distributoren solcher Karten. Die Tätigkeit der Verkäufer war bisher nicht geklärt, was in der Praxis zu Rechtsunsicherheit geführt hat.


Kernpunkt der neuen Praxis: Auch Verkäufer von Guthabenkarten im Dreiparteienverhältnis gelten neu als Finanzintermediäre, sofern sie direkten Kundenkontakt haben. Sie müssen sich bis spätestens 31. Dezember 2025 einer SRO anschliessen oder müssen ihre Verträge so ausgestalten, dass sie als Hilfspersonen der Finanzintermediäre für diese die GwG-Pflichten am Point of Sale einhalten können.

 

1.    Altbekanntes: Herausgeber von Gutscheinen

Gemäss langjähriger Praxis sind Herausgeber von Guthabenkarten im Dreiparteienverhältnis klar als Finanzintermediäre qualifiziert. Dies ergab sich aus dem FINMA-Rundschreiben 2011/1, Rz. 65, das Betreiber von Systemen, die von einer Organisation betrieben werden, die nicht mit den Benutzern identisch ist (z. B. Käufer und Verkäufer einer Ware), dem GwG-unterstellte. Unterstellt sind seither Systeme, die den Zugriff auf ein gespeichertes Guthaben oder die Führung einer Schuld ermöglichen (z. B. Debitkarten, wiederaufladbare E-Money-Träger, Kreditkarten oder Warenhauskarten im Dreiparteienverhältnis).


Daraus ergab sich:

  • Dreiparteienverhältnis (Einsatz auch bei Dritten) → Herausgeber sind GwG-pflichtig.

  • Zweiparteienverhältnis (Einsatz nur bei der Emittentin selbst, die auch eine Ware oder Dienstleistung anbietet) → Herausgeber sind nicht GwG-pflichtig.


Diese Grundsätze sind unverändert.

 

2.    Neue Praxis: Klarstellung der GwG-Erfassung des Vertriebs von Gutscheinen

Die wesentliche Neuerung betrifft nun nicht die Herausgeber, sondern die Verkäufer oder Distributoren, die Guthabenkarten im Dreiparteienverhältnis an Endkunden verkaufen.

Guthabenkarten, die ausschliesslich bei der Emittentin eingelöst werden können (z. B. Apple, Netflix, Zalando, PlayStation), sind weiterhin nicht GwG-unterstellt. Dies gilt auch für Händler, die solche Karten lediglich weiterverkaufen.


Neu stellt die FINMA klar:

  • Guthabenkarten, die bei Dritten einlösbar sind (z. B. paysafecard, Aplauz), gelten als Zahlungsmittel im Sinne des GwG.

  • Nicht nur die Emittentin, sondern auch die Verkäufer mit direktem Kundenkontakt sind grundsätzlich Finanzintermediäre und somit dem GwG-unterstellt.

  • Dies gilt sowohl für das Verkaufsmodell (eigener Name, eigene Rechnung) als auch für das Vermittlungsmodell (im Namen der Emittentin).

  • Im Vermittlungsmodell kann eine Hilfspersonenausnahme gemäss Art. 2 Abs. 2 Bst. b GwV möglich sein – allerdings nur bei strikter und dauerhafter Erfüllung aller Voraussetzungen. Für die Hilfspersonenausnahme müssen Distributoren besonders strenge Voraussetzungen erfüllen: Sie müssen vom Emittenten des Gutscheins sorgfältig ausgewählt werden, dessen Weisungen und Kontrolle unterstehen und vollständig in dessen geldwäschereirechtliche Organisation eingebunden sein. Zudem dürfen sie ausschliesslich im Namen und auf Rechnung des Finanzintermediärs handeln und nur von diesem entschädigt werden. Schliesslich ist eine schriftliche Vereinbarung notwendig, welche die Einhaltung all dieser Anforderungen ausdrücklich festhält.


Damit wird der Vertrieb eines Gutscheins im Dreiparteienverhältnis als GwG-unterstellte Tätigkeit qualifiziert. Der Vertrieb im Zweiparteienverhältnis wird demgegenüber ausdrücklich vom GwG ausgenommen, und zwar unabhängig davon, ob der Distributor/Verkäufer/Vertriebspartner die Gutscheine im eigenen Namen und auf eigene Rechnung verkauft oder im Namen und auf Rechnung des Herausgebers.


Diese Präzisierung ist zu begrüssen, denn bislang hat die FINMA nicht offiziell Stellung bezogen, ob und unter welchen Bedingungen Verkäufer bzw. Vertriebspartner von Gutscheinkarten dem GwG unterstehen. Insbesondere stellte sich die Frage, ob das Entgegennehmen und Weiterleiten des Verkaufserlöses beim Verkauf im Namen und auf Rechnung des Herausgebers als GwG-relevante Ausführung eines Zahlungsauftrags zu qualifizieren war. Die neue FINMA-Praxis schafft hier endlich Klarheit und Rechtssicherheit.


3.    Handlungsbedarf für Vertriebspartner und Herausgeber von Gutscheinen bis Ende 2025

Unternehmen, die Guthabenkarten im Dreiparteienverhältnis verkaufen, müssen:

  • bis spätestens 31. Dezember 2025 ein Anschlussgesuch bei einer SRO einreichen,

  • prüfen, ob eine Ausnahme als Hilfsperson greift und ggf. die Verträge und Abläufe anpassen, und

  • sicherstellen, dass alle rechtlichen Anforderungen eingehalten werden.


Herausgeber von Gutscheinen, die auf Drittvertriebspartner setzen, tragen zudem Verantwortung für deren Compliance und sollten bestehende Vertriebsstrukturen entsprechend überprüfen.


Die Experten von Advoro stehen Ihnen bei der Umsetzung dieser neuen Anforderungen gerne zur Seite.

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