Fallstricke Doppelbesteuerungsabkommen

Wer in der Schweiz ein Steuerabkommen unterzeichnet hat und seine Steuer daher nach dem Aufwand entrichtet (Pauschalbesteuerung), geniesst viele Vorteile. Ein ganz zentraler Vorteil ist die Tatsache, dass ausschliesslich Einkommen aus Schweizer Quellen und in der Schweiz gelegenes Vermögen besteuert werden. Damit können Pauschalbesteuerte im Ausland erhebliches Einkommen erzielen, ohne in der Schweiz eine Einkommenssteuer zu entrichten. Aber Achtung, eine auch nur ungewollte Beanspruchung eines Doppelbesteuerungsabkommens mit den Staaten Belgien, Deutschland, Italien, Norwegen, Kanada, Österreich und den USA können diesen Vorteil aufheben und erhebliche Steuerfolgen zeitigen.

Ansprüche auf Verrechnung oder Rückerstattung der Verrechnungssteuer richten sich nach den Bestimmungen der Verordnung vom 19. Dezember 1966 über die Verrechnungssteuer (Verrechnungssteuerverordnung, VStV; SR 642.211). Steuerpflichtige Personen, welche die Steuer nach dem Aufwand entrichten, können von der Schweiz abgeschlossene Doppelbesteuerungsabkommen und insbesondere die darin vorgesehenen Entlastungen von ausländischen Quellensteuern beanspruchen. Zu diesem Zweck haben sie mit der Steuererklärung zu erklären, ob und allenfalls in welchem Umfang sie Abkommensvorteile geltend gemacht haben oder geltend machen wollen.
Aber Achtung, ein Doppelbesteuerungsabkommen wird auch dann in Anspruch genommen, wenn dazu keine amtliche Bescheinigung bzw. kein besonderer Antrag, sondern nur – wie vielfach bei Bezug von Lizenzgebühren oder Dividenden – die Angabe einer schweizerischen Adresse an den ausländischen Schuldner notwendig ist. Entscheidend ist nicht die Frage, ob die begünstigte Person sich um die Erlangung von Abkommensvorteilen bemüht hat, sondern lediglich die Tatsache, dass sie kraft eines Doppelbesteuerungsabkommens von ausländischen Steuern entlastet worden ist. Wer also beispielsweise gegenüber einem Finanzintermediär im Rahmen eines W-8BEN Formulars angibt, dass er in der Schweiz wohnt und daher von einem reduzierten Verrechnungssteuersatz profitieren kann, der beansprucht bereits ein Doppelbesteuerungsabkommen. Die Steuerfolgen können erheblich sein.

Denn unter den Doppelbesteuerungsabkommen mit Belgien, Deutschland, Italien, Norwegen, Kanada, Österreich und den USA können in der Schweiz ansässige natürliche Personen die Abkommensvorteile nur beanspruchen, wenn sie für alle nach schweizerischem Recht steuerbaren Einkünfte aus diesen Vertragsstaaten den direkten Steuern des Bundes, der Kantone und der Gemeinden unterliegen. Im Ergebnis muss daher eine der Aufwandbesteuerung unterworfene natürliche Person, die aufgrund der erwähnten Doppelbesteuerungsabkommen eine Entlastung von den Steuern dieser Vertragsstaaten beansprucht, bezüglich aller aus diesen Staaten stammenden Einkünften so behandelt werden, wie wenn sie ordentlich besteuert würde (= sog. modifizierte Aufwandbesteuerung; vgl. Art. 14 Abs. 5 DBG). In die Bemessungsgrundlage sind daher neben den in Artikel 14 Absatz 3 DBG Buchstabe d bezeichneten Einkünften auch alle anderen aus diesen betreffenden Vertragsstaaten stammenden Einkünfte einzuschliessen, soweit sie nach dem internen schweizerischen Recht steuerbar und nicht aufgrund der anwendbaren Doppelbesteuerungsabkommen von den schweizerischen Steuern befreit sind. Die Steuern auf allen aus diesen Vertragsstaaten stammenden Einkünften sind zusammen mit jenen auf den Einkünften gemäss Artikel 14 Absatz 3 Buchstabe d DBG zum Satz für das gesamte Einkommen zu erheben.

Verzichtet eine steuerpflichtige Person nachträglich auf Abkommensvorteile, die ihr bereits zugekommen sind, so hat sie eine im Ausland nicht abgezogene Quellensteuer spontan nachzuentrichten. Für Pauschalbesteuerte heisst dies, wer von den oben genannten Vertragsstaaten Erträge erzielt und dabei von einem vorteilhafteren Verrechnungssteuerabzug profitiert, muss unbedingt abklären, ob sich dies mit den in der Schweiz vereinbarten Einkommens- und Vermögenssituation vereinbaren lässt. Eine detaillierte und frühzeitige Abklärung der Steuersituation ist daher immanent wichtig, um nachteilige Spätfolgen (in steuer- und strafrechtlicher Hinsicht) zu vermeiden.