Vorsicht bei Reservationsverträgen

Wer kennt es nicht – das gewünschte Liegenschaftsobjekt ist heiss begehrt, weitere Mitbewerber treiben den Preis in die Höhe und buhlen um einen schnellen Verkaufsabschluss. In diesem Moment gelangt der Verkäufer mit einer Reservationsvereinbarung an Sie, mit der Aussicht, Ihr Lieberhaberobjekt frühzeitig zu sichern. Der vorliegende Beitrag behandelt verschiedene Risiken und Knackpunkte rund um Reservationsvereinbarungen und deren Formerfordernisse.

Der Kaufvertrag über ein Grundstück bedarf von Gesetzes wegen der öffentlichen Beurkundung. Um seitens der Verkäufer frühzeitig einen Vertragsabschluss zu sichern, sind in der Praxis sogenannte Reservationsverträge weit verbreitet. Durch Unterzeichnung eines solchen Vertrages sichern sich die Käufer – vermeintlich – eine Art vertraglicher Zusicherung zu, welches Ihnen den späteren Zuschlag am Objekt garantieren soll. Die Reservationsverträge wiederum werden praxisgemäss nur selten bis nie öffentlich beurkundet. Mithin werden somit die zwingenden gesetzlichen Bestimmungen für die Übertragung einer Liegenschaft nicht eingehalten. Was dies in der Praxis bedeutet, soll nachfolgend in grundlegender Weise skizziert werden.

A. Definition des Reservationsvertrags

Der Reservationsvertrag ist eine (in der Regel und in jedem Fall mindestens zu empfehlende) schriftliche Vereinbarung zwischen dem potentiellen Käufer und dem Verkäufer (Parteien). Vertragsinhalt ist in der Regel das Versprechen, dass durch Anzahlung einer Summer bzw. einer Reservationsgebühr das Grundstück vom Markt genommen und der Kaufvertrag zwischen den konkreten Parteien zustande kommen wird. Für dieses Versprechen wird oftmals eine Anzahlung an den ausgeschriebenen Kaufpreis verlangt. In der Praxis liegt die Summe dieser Anzahlung gerne bei rund CHF 10‘000.- bis CHF 150‘000.-. Vertraglich festgelegt werden in der Regel das Kaufobjekt, der zukünftige Kaufpreis sowie der Übergabezeitpunkt . Ebenso sind Klauseln keine Seltenheit, wonach ein Teil der Anzahlungssumme zugunsten des Verkäufers zurückbehalten wird, falls der Kaufvertrag doch nicht zustande kommt. Dem potentiellen Käufer wird schliesslich eine Frist für die Anzahlung gewährt, so dass mit der Verhandlung des Hauptvertrags gestartet werden kann. Eine öffentliche Beurkundung findet in aller Regel nicht statt. Dies kann mehrere rechtliche Risiken enthalten.

B. Rechtliche Würdigung des Reservationsvertrages

Das Bundesgericht hat in einem früheren Entscheid festgehalten, dass ein als „Reservationsvertrag“ betitelter Vertrag für Grundstücke als Vorvertrag i.S.v. Art. 216 Abs. 2 OR zu behandeln ist. Folglich müssen Reservationsverträge, wie oben beschrieben, den Anforderungen eines Vorvertrags gerecht werden. Gemäss Art. 22 Abs. 2 OR müssen Vorverträge die gleichen Formvorschriften einhalten wie der Hauptvertrag. Dementsprechend müssen Reservationsverträge grundsätzlich beurkundet werden sowie alle wesentlichen Vertragsbestandteile des Grundstückkaufvertrags (inkl. Bezifferung der Anzahlung) enthalten, um rechtsgültig zu sein. Bloss schriftlich eingegangene Reservationsverträge sind somit von Gesetzes wegen keine gesetzlich gültige Vorverträge. Möchte der potentielle Käufer das Grundstück nun doch nicht mehr kaufen und der Verkäufer weigert sich, ihm die Anzahlung zurückzuerstatten, so kann er sich in der Regel auf den Formmangel berufen und die Rückerstattung der Anzahlung gemäss Art. 62 ff. OR (ungerechtfertigte Bereicherung) fordern. Hatte jedoch der potentielle Käufer Kenntnis des Formmangels und hat er die Anzahlung dennoch freiwillig geleistet, so kann die Berufung rechtsmissbräuchlich sein.

C. Rechtliche Würdigung der Anzahlung

Je nach Formulierung der „Anzahlungsklausel“ kann es sich bei der Anzahlung um Reugeld (vgl. 158 Abs. 3 OR), Haftgeld (vgl. Art. 158 Abs. 2 OR) oder um eine Konventionalstrafe (vgl. 160 ff. OR). Daher ist es wichtig, dass die Reservationszahlung möglichst genau beschrieben ist. Vorbehältlich, dass der Vertrag als solches formgültig abgeschlossen wurde.

D. Hinweise für die Praxis

Unterschreiben Sie grundsätzlich keine Reservationsverträge, die nicht korrekt und vollständig sind (alle objektiven und subjektiven Punkte müssen enthalten sein):

  • Lassen Sie sich vom Verkäufer nicht unter Druck setzen und nehmen Sie sich Zeit.
  • Lassen Sie sich im Zweifelsfalle anwaltlich beraten, wenn Sie ein schlechtes Gefühl haben.
  • Leisten Sie die Reservationsanzahlung auf ein separates Sperrkonto; vermeiden Sie strikt Barzahlungen.
  • Möchten Sie oder Verkäufer eine öffentliche Beurkundung vermeiden, so können Sie gemäss neuer Rechtsprechung (siehe Bundesgerichtsentscheid vom 18. November 2015, 4A_390/2015) eine negative Exklusivvereinbarung abschliessen (hierzu mehr im nächsten Blogbeitrag).
  • Grundsätzlich sind Reservationsverträge, die nicht öffentlich beurkundet sind, nichtig. Die Rückerstattung der Anzahlung kann gemäss Art. 62 ff. OR verlangt werden.
    Nur wenn nachgewiesen werden kann, dass Sie als Käufer von dem Formmangel wussten, kann ein Richter im Streitfall allenfalls entscheiden, dass die Reservationszahlung gegebenfalls nicht zurückzuzahlen ist. Der Nachweis eines rechtsmissbräuchlichen Verhaltens des Käufers ist in aller Regel aber schwierig, wenn Sie nicht professionell in der Immobilienbranche verwurzelt oder nachweislich rechtskundig sind.
  • Wurde der Reservationsvertag nicht öffentlich beurkundet und Sie wussten um diesen Formzwang nicht, so steht ihnen rechtlich der gesamte Anzahlungsbetrag zu, sofern der Verkäufer nicht nachweisen kann, dass wegen Ihnen überdurchschnittliche und beweisbare Kosten (z.B. Änderungen der Baupläne, zusätzliche aufwendige Abklärungen, kurz: Umtriebskosten) angefallen sind. Der Rückbehalt der gesamten Summe ist in der Praxis jedoch höchst unwahrscheinlich.

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